A POSSIBLE LIFE.
Check here the original website of the book from 2012
The book A Possible Life. Conversations with Gualbert has been shortlisted for Dutch Doc Award 2013 with Hans van der Meer, Robert Knoth en Antoinette de Jong, Peter Dekens, Jacqueline Hassink and Kadir van Lohuizen
Reviews on the Dutch-Doc awards 2013 in de Volkskrant and Metropolis M
Reviewed by Foto8, Photo-eye, Conscientious, Gup-magazin, Photoq, Africa is a country (soon)
Published in Camera Austria 120, Art Magazine, Wordt Vervolgd (Amnesty International) and ZDF
Mentioned in best of lists 2012: Photo-eye, Propagandaphotos, British Journal of Photography, Photonews, Metalist booksHans Aarsman - Photoq
Ik heb een uur in A Possible Life zitten bladeren, heen en
weer. Af en toe woorden lezend die in de buurt van foto’s staan, maar horen ze
ook bij die foto’s? Je weet het niet. Het boek heet niet voor niets A Possible
Life. Er is materiaal van verschillende personages door elkaar gesneden, staat
in het nawoord. Maar de hoofdpersoon is Gualbert uit Niger, dat is zeker.
Gualbert is de man wiens ogen steeds zijn weggekrast, om hem onherkenbaar te
maken voor de instanties die hem uit willen zetten. Maar er is ook een man met
weggekraste ogen die andere jukbenen dan Gaulbert lijkt te hebben. Je ziet er
soms een stukje van, onder de krassen vandaan. Of is het een kwestie van
lichtval? Er is veel te zien in dit boek, maar van dat veel zie je weinig.
Er staan briefjes in, handgeschreven, kinderhandschrift op
schoolschrift-papier. In het Frans; is wel even ontcijferen. En staan foto’s in
die dwars staan, moet je het boek 90 graden voor draaien. Er zijn teksten die
ondersteboven staan, moet je het boek 180 graden voor draaien. Dan hebben we
het nog niet gehad over de pagina’s die opengesneden moeten worden. En dat de
rug zo krap gebonden is dat je de hele tijd het gevoel hebt dat er iets in de
rug zit dat je niet te zien krijgt. Een doolhof dit boek. Als het doolhof
waarin illegalen belanden nadat ze have en goed verlaten hebben om voor de
achterblijvers geld te verdienen in verre landen.
Grote foto van een hand met daarin een mobieltje met een
tekstbericht. Als je de foto een kwartslag draait, kun je lezen:
‘Bjr chérie tu espere envoyer combien?’
‘Goedendag schatje hoeveel geld ga je sturen?’
Zo begint de dag voor een illegaal, aan de andere kant van
de wereld vraagt zijn vrouw om geld.
Twee pagina’s verder een formulier. Het staat rechtop. We
hoeven niet te draaien, zoals het hoort met formulieren. Duizend euro wordt er
naar Niger gestuurd, zie ik op het formulier. Komen nog wel 31 euro
transactiekosten bovenop. Dat is 3,1 %. Zijn ze nou helemáál? Hoelang moet een
illegale hier werken voor hij zo’n bedrag bij elkaar heeft? In Niger kun je
veel met zo’n bedrag, moet een uitkomst zijn, zo’n man overzee. Maar de kinderen
missen hem. Zullen ze hem herkennen als hij terugkomt? Is zijn vrouw nog zijn
vrouw als hij terugkomt? Vrouwen hertrouwen daar, mannen proberen hier een
vrouw te trouwen voor een verblijfsvergunning. Is dat Gualbert, innig met een
blanke vrouw voor het paleis op de Dam? Ook haar ogen zijn weggekrast. Kan een
fotootje zijn van een totaal ander stel. Niets ligt vast in deze maquette van
het illegale doolhof.
Het diepste treft me een velletje papier, op de achtergrond
een stukje fietspad in de Bijlmer. Ik herken het, asfalt met kiezels. Of ik
meen het te herkennen. Heb een tijd gewoond in de Bijlmer, lang geleden. Twee
handen houden het velletje vast, een zonder en een met handschoen. Er staan
data op en verblijfplaatsen in de Bijlmer: Kikkenstein, Echtenstein, Grunder,
Kralenbeek, Eeftink, Kempering, Groeneveen. De meeste flats zijn inmiddels
gesloopt. De data geven aan gedurende welke periode Gualbert daar verbleef.
Paar maanden hier, paar maanden daar. En ik maar lekker in mijn huis zitten, al
jaren zit ik lekker in mijn huis. Aan tafel zit ik met een boek dat ik eerst
moet opensnijden en dan de hele tijd moet draaien. Ongenadig, ongrijpbaar boek
Marcel Burkhardt ZDF
Er wird geduldet, nicht akzeptiert: Gualbert ist einer von
Millionen Wirtschaftsflüchtlingen in Europa. Auf dem Weltsozialforum geht es
auch um ein würdigeres Leben für Menschen wie den Lehrer aus Niger, der in
Holland auf eine bessere Zukunft hofft.
Gualbert ist nirgendwo mehr daheim. Er ist hineingestoßen
worden in ein Leben zwischen zwei Welten, zwischen Afrika und Europa. Gualbert
ist ein Pseudonym, hinter dem sich ein Mann von 50 Jahren verbirgt, der seit
2001 ohne gültige Papiere in den Niederlanden lebt. Dort verdient der studierte
Lehrer und Übersetzer aus Niger als Putzmann den Lebensunterhalt für seine Frau
und die fünf Kinder, die tausende Kilometer entfernt von ihm leben
Warum dieser Mann das auf sich nimmt? Weil ihm sein Staat
kein Gehalt mehr zahlte, die Reserven aufgebraucht waren ebenso wie die
Hoffnung auf einen Aufschwung. Gualbert war kein Kriegsflüchtling, kein
politisch Verfolgter. Es war wirtschaftliche Not, die ihn drängte.
Gualbert ist einer von geschätzt etwa 100.000 Menschen, die
ohne gültige Papiere in den Niederlanden leben. Seine Geschichte steht
stellverstretend für jene von Millionen anderen Wirtschaftsflüchtlingen, die in
Europa das gelobte Land sehen, in dem ein besseres Leben möglich scheint. Von
einer wirklichen Teilhabe an der Gesellschaft sind Menschen wie Gualbert aber
ausgeschlossen – sie werden zwar geschätzt als billige Arbeitskräfte, Rechte
aber haben sie kaum.
Wenn auf dem Weltsozialforum in Tunis in diesen Tagen
tausende Aktivisten aus aller Welt ein gerechteres Ausgestalten der
globalisierten Welt fordern, dann geht es auch um Menschen wie Gualbert, dessen
Leben sich in den vergangenen zwölf Jahren zum stillen Drama eines Mannes
entwickelt hat, der nicht vorwärts kommt in seiner neuen Lebenswelt und sich deshalb
nicht zurücktraut in die alte.
"Er hat große Sehnsucht nach seiner Familie, aber er
hat noch größere Angst davor, mit leeren Händen zurückzukehren", sagt der
holländische Fotograf Ben Krewinkel. "Hier verdient er zwar nicht viel
Geld, aber er kann damit den Lebensunterhalt der Familie sichern, das Schulgeld
für die Kinder bezahlen."
Weltsozialforum
Mehr als 4.000 Organisationen beteiligen sich derzeit am
elften Weltsozialforum (WSF) in Tunis. Das WSF gilt als Gegenveranstaltung zum
Weltwirtschaftsforum, das jährlich in Davos internationale Größen aus Politik
und Wirtschaft versammelt. Die Teilnehmer des WSF kommen aus allen Teilen der
Welt – vor allem aus Südamerika und Europa, Asien und Afrika. Sie alle eint der
Gedanke, dass statt Wirtschaftsinteressen und Macht die Menschen im Mittelpunkt
stehen sollen.
Auf etwa 1.000 Veranstaltungen geht es dabei um
verschiedenste Anliegen: Frieden, Frauenrechte, die Rechte von Ureinwohnern,
soziale Gerechtigkeit, Würde und Alternativen zum Kapitalismus. Die Teilnehmer
beraten in Tunesien auch über die Förderung von erneuerbaren Energien, über
regionale Wirtschaftskreisläufe und die Förderung von Kleinbauern gegenüber der
industriellen Landwirtschaft.
Krewinkel hat Gualbert sechs Jahre lang begleitet.
Entstanden ist dabei das preisnominierte Buch " A Possible Life.
Conversations with Gualbert".
Für eine Reportage hatte sich Krewinkel ursprünglich auf die
Suche nach harten Bildern gemacht: "Flüchtlinge in elenden
Umständen", sagt Krewinkel. "Als ich dann sah, wie Gualbert lebte,
entsprach das nicht dem, was ich erwartet hatte." Ein eigenes Zimmer bei
einem Vermieter, der kein Ausbeuter ist. Ein Job bei der Kirche, der nicht übel
bezahlt ist. "Ich dachte, der Mann hat Glück", sagt Krewinkel.
Was Gualbert auszuhalten hat, wurde dem Niederländer erst
nach und nach klar. "Er kennt meine Kinder inzwischen besser als seine
eigenen", sagt der Fotograf - und aus seiner Stimme ist herauszuhören, wie
nah ihm das Schicksal seines Protagonisten und Freundes geht. Dessen Lebenslage
wird nicht leichter. Im Gegenteil: 2001 war es noch einfach für ihn, ohne
Arbeitserlaubnis Jobs zu finden. Inzwischen gibt es härtere Gesetze und
Strafen. Die Arbeitsmöglichkeiten sind rar geworden. "Er begreift, dass er
so nie genug Geld verdienen wird, um heimkehren zu können, ohne sein Gesicht zu
verlieren", sagt Krewinkel.
Gualbert ist ein Gestrandeter, ohne Aussicht auf wirkliche
gesellschaftliche Teilhabe und wirtschaftlichen Erfolg. Er ist nur einer von
vielen.
Frank Dietz – Art Magazine
Der Fotograf Ben Krewinkel hat den Alltag eines illegalen
afrikanischen Einwanderers in Amsterdam dokumentiert - mit Familienbildern,
staatlichen Dokumenten, persönlichen Briefen. Ein anrührendes Langzeitprojekt,
das zeigt, wie politisch das Private sein kann
Auf den ersten Blick wirkt das Buch wie ein Kaleidoskop aus
Dokumenten und zerkratzten Familienfotos - die Erinnerungskladde eines Mannes
aus Niamey, der Hauptstadt von Niger.
Er nennt sich Gualbert, aber das ist nicht sein richtiger
Name. Er lebt seit über elf Jahren als illegaler Einwanderer im Amsterdamer
Stadtteil Zuidoost. In seiner Heimat arbeitete er als Lehrer. Seine Frau und
fünf Kinder hat er seit Jahren nicht mehr gesehen.
Den Kontakt hält er durch Telefon und E-Mail. So oft es
geht, sendet er Geld. Seine Frau möchte, dass Gualbert in den Niederlanden
bleibt.
"A Possible Life. Conversations with Gualbert", so
nennt der niederländische Fotograf Ben Krewinkel sein außergewöhnliches
Künstlerbuch, in dem er die Odyssee des 50-jährigen Migranten in loser Chronologie
erzählt. Er hat offizielle Ausweise, Briefe und Beglaubigungen, private
Schnappschüsse, Erinnerungsstücke und Postkarten aus Afrika abfotografiert und
schließlich Fotos von Gualbert und seinen Freunden in den Niederlanden
eingefügt. Die Bilder begleitet ein fragmentarischer Monolog des Protagonisten,
in dem er von seinem früheren afrikanischen Leben, seinen Erfahrungen und der
heutigen Situation in den Niederlanden berichtet. So entfaltet sich langsam ein
erstes Bild von Gualbert.
Ein anderer Teil seiner Lebensgeschichte ist verborgen in
der japanischen Bindung des Buchs, das in Zusammenarbeit mit der Designerin
Annette Kouwenhoven entstanden ist.
Versteckt in den gefalteten Druckbögen des Buchs befinden
sich Ben Krewinkels eigene Fotografien von Gualbert. Es bleibt die Aufgabe des
Betrachters, die Buchseiten mit einem Messer aufzutrennen, um diesen Teil der
Geschichte zu entdecken. So vervollständigen sich auch die zuvor noch
bruchstückhaften Monologe von Gualbert, da sie vom sichtbaren Teil des Buchs in
den versteckten umlaufen.
Krewinkels dokumentarische Fotografien sind konzentrierte,
ruhige Beobachtungen.
Sie zeigen Gualbert in seinem Zimmer, bei der Arbeit als
Reinigungskraft, im Internetcafé, in der U-Bahn oder zusammen mit Freunden - in
der verborgenen Parallelwelt des westlichen Europas, wo Illegale zwar
tolerierter Teil des Systems sind, aber ohne Rechte leben. Wie sich der
rechtliche Status Gualberts gewandelt hat - von einem Geduldeten zu einem
Kriminellen - dokumentiert Krewinkel auf der Innenseite des Buchumschlags. Hier
befinden sich eng gedruckt die Änderungen im niederländischen Asylrecht der
letzten elf Jahre.
Afrika ist schon länger in den Fokus der zeitgenössischen
Fotografie gerückt. Arbeiten afrikanischer Fotografen wie Santu Mofokeng oder
Seydou Keïta fanden große Beachtung im Westen. Gleichzeitig ermöglichen Bilder
wie zum Beispiel von der Amsterdamer Fotokünstlerin Viviane Sassen einen neuen
Blick auf den Kontinent. Krewinkel, der 1975 in Maastricht geboren wurde,
studierte zunächst jüngere afrikanische Geschichte und befasste sich in seiner
Abschlussarbeit mit der Revolution in Mosambik, bevor er verarmte Weiße in
Südafrika fotografierte oder das Fotoarchiv von Frits Eisenloeffel edierte, dem
Neffen des niederländischen Dokumentarfotografen Koen Wessing, der in den
siebziger Jahren in Afrika gearbeitet hatte. Woher die Faszination für den
Kontinent, seine Menschen und seine Geschichte kommt, kann Krewinkel nicht
genau benennen, aber sie ist da und treibt ihn an. Ein Nachfolger für "A
Possible Life" ist bereits in Planung - die Geschichte Gualberts aus der
afrikanischen Perspektive. Einzig Gualberts Frau ist noch nicht vollends überzeugt
von dieser Idee.
Spektakuläre Bilder wie sie der dänischamerikanische
Fotograf Jacob August Riis Ende des 19. Jahrhunderts in New York für seine
Dokumentation "Wie die andere Hälfte lebt" aufnahm - illegale
Einwanderer, eingepfercht in dunklen, überfüllten Behausungen - so stellte sich
Krewinkel die Motive für sein Projekt vor, als er 2006 mit der Arbeit begann.
Doch er fand ganz andere Bilder, nicht zuletzt, weil Gualbert in relativ
geordneten Verhältnissen lebte und einfach nicht dem typischen Klischee eines
Illegalen entsprach. Er hatte ein Leben, eine Familie, war nicht vor Krieg oder
Katastrophen geflohen.
Die Fotoreportage beschwöre allzu oft ein "falsches
Drama" herauf, wie es der südafrikanische Fotograf Guy Tillim einmal
formulierte, weil selbst banalste Handlungen als Spektakel inszeniert werden.
Zweifel an der Wirkungsweise traditioneller Reportagefotografie lassen sich
auch an Krewinkels Arbeitsweise erkennen. Ähnlich wie in Julian Germains
wegweisendem Fotobuch "Steel Works", das den Niedergang der
britischen Schwerindustrie anhand einer Kleinstadt erzählt, konstruiert
Krewinkel seine Geschichte als vielstimmige Montage. Es sind weniger einzelne
Bilder, die hervorstechen, als die atmosphärische Dichte des Ganzen und die
neuen Eindrücke, die durch die spezielle Zusammenstellung der Bilder entstehen.
Die privaten Dokumente Gualberts folgen einer anderen Ästhetik als Krewinkels
Aufnahmen und entziehen ihnen die Autorität einer privilegierten gierten
Perspektive. Sie erlauben es ihm aber auch, seinen eigenen Blick extrem zu
fokussieren. Nicht jede Facette von Gualberts Leben muss in ein Bild übersetzt
werden.
Stattdessen geschieht oberflächlich sehr wenig auf den knapp
30 Bildern Krewinkels.
Fast wie in einem Kammerspiel spiegeln sie den lähmenden
Stillstand in Gualberts Leben, das stille Drama seiner Existenz. Angekommen im
gelobten Europa, aber ausgeschlossen von wirklicher Teilhabe und ökonomischem
Erfolg, ist ihm die Rückkehr mit leeren Händen in die Heimat ohne
Gesichtsverlust verwehrt. Er bräuchte mindestens 10 000 Euro, so erzählt er, um
nach Niamey zurückkehren zu können. So wird Gualbert zu einer wahrhaft
tragischen Figur, verharrend zwischen den Welten, während ein mögliches Leben
mit seiner Familie in Niger unweigerlich verrinnt.
Zwei mal drei Zentimeter groß war das einzige Dokument,
welches Gualbert bei sich trug, als er 2001 illegal in die Niederlande
einreiste. Paradoxerweise war es das ausgeschnittene Foto aus seinem früheren
Reisepass. Warum nahm er ausgerechnet dieses eine Bild mit auf die Reise,
obwohl es ihn jederzeit hätte verraten können?
Heute, gut elf Jahre später, hat er eine Menge Fotos von
sich und seinem Leben - sowohl von seinem afrikanischen, als auch von seinem
europäischen. Sorgfältig aufbewahrt unter dem Kopfkissen in seinem Amsterdamer
Zimmer, das er sich mit einem Mann aus Togo teilt. Es sind zugleich
trostspendende als auch quälende Bilder, die Gualbert dort hütet. Sie zeigen,
was er zurückließ. Seine beiden jüngsten Zwillinge kennt er nur von den Fotos,
die ihm seine Frau schickte. Er hat Angst, dass sie ihn nicht erkennen werden,
wenn er ihnen einmal gegenübertreten wird.
Ein alter Schwarzweißabzug zeigt Gualbert als kleinen Jungen
im Kreise seiner Familie. Zwei der Mädchen auf dem Foto sind mit einem roten X
markiert. Es sind Gualberts Zwillingsschwester Léonie und seine jüngere
Schwester Bernadette. Léonie starb an Aids, Bernadette kurz nach der Geburt
ihrer Tochter. Als Bestandteil des Buchs verändern sich die persönlichen Fotos
Gualberts. Ein Passfoto ist nicht mehr nur ein Mittel zur Identifikation,
sondern plötzlich ein eigenständiges "Bild", Teil einer komplexen
Erzählung. Und der vormals belanglose Familienschnappschuss wird zum Dokument
einer modernen Odyssee.
Ist Dokumentarfotografie dann bereits politisch, wenn sie
bloß den Blick auf gesellschaftliche Missstände richtet? Ben Krewinkel
beantwortet die Frage eindeutig. Genau wie Gualbert muss auch er als Künstler
seinen Einsatz ins Spiel bringen und kann nicht dauerhaft Distanz zu seinem
Protagonisten wahren. Es bleibt eine rhetorische Frage Krewinkels zu Beginn des
Projekts, ob man ein solches Thema behandeln könne, ohne dass eine politische
Agenda erkennbar würde. Vor dem Hintergrund der Verschärfung des
gesellschaftlichen Klimas in den Niederlanden, von einer toleranten
Grundhaltung hin zu einem von Populisten getriebenen politischen Diskurs der
Angst, mag die Arbeit politischer erscheinen, als sie vielleicht ursprünglich
geplant war.
"A Possible Life" ist ein Dialog, schwankend
zwischen Nähe und Distanz. Krewinkel und seine beiden Kinder finden sich auf
den privaten Fotos von Gualbert wieder, ein E-Mail-Dialog beschreibt die Bitte
Gualberts an den Fotografen, das Schulgeld für seine Kinder zu bezahlen, was
der aber aus Geldmangel ablehnt. Eine Buchseite ist das Faksimile einer
Überweisung Krewinkels an Gualberts Frau in Niger. Trotz aller Nähe widersteht
der Fotograf der Versuchung der eindeutigen Parteinahme. Krewinkel beschreibt
seine Annäherung an Gualbert als Eindringen in eine Wolke. Die Frage der Identität
und die (Un-)Möglichkeit ihrer Erfassung wird zu einer der zentralen Fragen in
"A Possible Life".
Vieles in Gualberts Lebensgeschichte bleibt rätselhaft. Die
verschiedenen Erzählebenen liefern nicht immer deckungsgleiche Ergebnisse.
Vielleicht ist das Verlangen nach Eindeutigkeit aber auch der naive Wunsch, das
Unbehagen vor dem Fremden durch eine ihm zugeschriebene klar umrissene
Identität bändigen zu wollen.
Es zählt zu den großen Stärken von "A Possible
Life", dass Krewinkel es vermeidet, die einzelnen Ebenen zugunsten einer
großen Synthese in Deckung zu bringen und die Widersprüche von Gualberts
Existenz auflösen zu wollen. Die Stilisierung zum Prototypen, zum einsamen
Kämpfer oder hilflosen Opfer, bleibt aus. Gualbert ist ein Gestrandeter, bleibt
aber handelndes Subjekt, wird Co-Autor von Krewinkel und nicht bloß zum Objekt
einer Erzählung. Er bewahrt seine eigene Stimme und entscheidet, auf welchen
Fotos er zu sehen sein und auf welchen sein Gesicht zerkratzt werden soll.
Diese angestrebte gleichwertige Zusammenarbeit manifestiert sich auch in der
idealistischen Vereinbarung, alle Einnahmen aus dem Projekt 50:50 zu teilen.
Eine Straftat unter der aktuellen niederländischen Rechtsprechung. Politisch
wird "A Possible Life" aber nicht zuletzt dadurch, dass es ganz und
gar auf ein Individuum konzentriert ist. Das Buch stellt unbequeme Fragen nach
Identität, der Diskrepanz von erträumtem und verwirklichtem Leben, von
Ausgrenzung und Teilhabe im heutigen Europa. Die Regierung würde das Problem
der illegalen Immigration am liebsten auf der Ebene von Zahlen und Statistiken
verhandeln, sagt Krewinkel, denn Zahlen tun keinem weh.
Colin Pantall - Photo-Eye
A Possible Life is a book about an illegal immigrant to the
Netherlands. His name is Gualbert and with the photographer Ben Krewinkel, he's
the co-author of the book. Gualbert comes from Nigeria and has lived in the
Netherlands for the last 10 years. Maybe. Or perhaps he comes from Niger
because that's what all his papers are stamped with. Or perhaps his name isn't
Gualbert and he's not a migrant because Krewinkel says that reading the book
'...as a non-fictional and objective story purely, might be considered naive.'
Instead Krewinkel regards the book is a partly fictitious account of an illegal
immigrant’s life, one told through a collection of personal photographs,
letters, conversations and official documents.
The real/fictional play is possibly the least interesting
part of A Possible Life, so for the purpose of this review I'll ignore it. I'll
take the naive path and view the book as non-fictional. It starts on the inside
cover with an insight into how the project started and the editing process
employed by both Krewinkel and Gualbert. In one email, Gualbert asks to be
described as from Nigeria, not Niger. He asks for his face to be disguised in
photographed, then calls for God's blessing on the project before asking for
help with his children’s school fees, something Krewinkel can't help him with.
Then the book starts proper with a series of copies of Gualbert's papers; his
passport, his resume, bank transactions.
Papers slip from the banality of officialdom to the tragedy
of the personal. There's a picture of a young woman next to a transcribed
comment from a recording Krewinkel made on his sister's death from AIDS. 'In
Africa, when you have aids some accept you, but mostly they reject you, you are
being marginalized.'
Gualbert's marriage certificate is shown next to snapshots
from the family album and more transcribed comments on the dilemma he faces. In
the Netherlands, Gualbert is a nobody, but back home in Niger he is regarded as
wealthy, a pocket to turn to when medical bills or school fees need paying.
And that's the Catch-22 Gualbert faces. As Krewinkel writes,
'...Gualbert has come to realise that, without proper documents or a working
permit, there is no real future ahead in the Netherlands. He obviously aspires
to join his family, but lacks the money for a return without losing face....
Many friends and relatives would be disappointed if Gualbert returned
empty-handed.'
On top of that, there is the current climate of intolerance
in the Netherlands that has led to people like '...Gualbert being more
marginalised than ever before.'
So what to do. Krewinkel has produced a wonderful
documentation of a migrant’s life, using multiple sources and a variety of
perspectives. The bureaucratic vision of life gives way to the personal, of a
life once lived, with family album snapshots of life in Niger playing against
the Possible Life where Gualbert is photographed in some kind of Dutch
Migrant’s Hostel. There he is cooking, sitting, and smiling in ever such an
institutional manner.
Except the book doesn't end there. It comes with
instructions on how to view Krewinkel's own pictures of Gualbert; 'To fully
view all the pages of this publication, please use a letter opener or another
sharp object to open the Japanese bound book. Do be careful!'
So to see the book, you have to destroy the book.
Infuriating but very clever. The process of cutting the book slows everything
down. Cut then view, cut then view, cut then view; this builds up a narrative.
Krewinkel's own portraits are ones of isolation, disappointment and squalor.
Money worries come to the forefront as does the bleak loneliness of being so
far from home, so powerless, so unwanted. And even when Gualbert is wanted,
doubts and questions creep in. Wanted for what? As a husband, a father, a
friend or as a bankroll, the man in Europe who is failing to cash in people's
dreams.
Beautifully designed and thought out, A Possible Life is a
multifaceted book that makes a coherent whole out of a huge mix of materials.
Krewinkel carves a life out of documents, letters, notes and photographs. That
is no mean achievement. What elevates the book even further is the hidden
element, that concealed subconscious you have to cut through, that world of
sorrow and loneliness that lies beneath. Combining complexity and subtlety,
Krewinkel has come up with a very human, and emotional documentation of what
living in the limbo of an illegal immigrant means.
But still the question remains. Do you cut it or don't you
cut it? And if you do, do you buy another copy to satisfy your collector's
neurosis? I will.
Jorg Coelberg - Conscientious
“Is it possible,” asks Ben Krewinkel, “to document the life
of an undocumented person who has been lived [sic!] in the Netherlands since
2001, without creating a manifesto that links its authors to certain political
views?” Is it really necessary, this reviewer might ask back, to avoid taking a
political stance? What is gained from that? But those are questions leading
into a different direction. Let’s instead stick with A Possible Life.
Conversations with Gualbert, the book that has resulted from the collaboration
between Krewinkel and a man identified as Gualbert (not the real name). Illegal
immigration of course is a hot topic all over the world. It constitutes a real
issue - as much as a rather crude political tool used by the political right to
whip up ugly sentiments. Americans will be as familiar with it as Europeans -
in different ways, of course, than the people from the countries we love to
refer to as “developing”.
How do you tell a story of an undocumented immigrant? The
easiest solution, it would seem, would be to simply tell it like it is. All the
reader/viewer would then have to realize on top of that is that there isn’t
just one story - there are many very different circumstances under which
undocumented immigrants live (just consider the case of children of
undocumented immigrants, born in the country that does not recognize their
parents, and by extension them, as citizens, even though in all aspects they
are). A Possible Life. Conversations with Gualbert does just that, using a vast
amount of archival materials (reproductions of documents, archival photographs,
etc.), plus photographs taken by Krewinkel.
The presentation itself, the way the book is constructed, is
used to convey part of the story. The book is made in a simple way: Large
sheets of paper, with material printed on both sides and folded in half, are
stacked on top of each other and stapled together. Another large sheet of paper
is folded up in a slightly different way to create a dust cover. You might
wonder whether this kind of construction does not create a problem: If you fold
a piece of paper with information on both side in half and then staple things
not at the fold but at the opposite end - doesn’t that make the material on
what has become the inside inaccessible? Yes, it does - unless the viewer gets
a sharp knife out and cuts things open.
I’m sure the idea of cutting open a book - “destroying” its
pristine primordial state - will send shivers down the spines of many photobook
collectors. Nevertheless, this act is what is asked of anyone who buys a copy
of the book. Lest you think I’m imagining things, it comes with a bookmark that
includes instructions how to proceed. Of course, you don’t have to cut open the
pages. You can leave them closed. You will not be able to see their content.
The day-to-day life of Gualbert will remain hidden from you - just like the
lives of illegal immigrant in general are hidden from view, while the various
debate rage on about abstract quantities and economic facts.
The book’s form thus contains part of the message, and
cutting open half of the book might be the most radical reader involvement I’ve
ever encountered in a photobook. In all aspects, A Possible Life. Conversations
with Gualbert is a compelling case for what the contemporary photobook can do,
opening up a debate that all too often is too simplistic, too much focused on
whipping up resentment for quick and often ugly political gains.
Jonathon Beattie - Foto8
The vilification of immigrants, illegal or otherwise, has
been a common reaction to many of the current social problems in the western
world. While to some extent illegal immigration plays a detrimental role in
these societies, it is almost never the root-cause of the problem. After all,
how many waves of immigrants throughout the ages now constitute to the genetic
makeup of the UK’s inhabitants? It is an uncomfortable fact that our world is
overpopulated and the number of inhabitants is ever increasing. Overcrowding is
inevitably going to play a role in the future of immigration patterns. Taking
such issues as an impetus, photographer Ben Krewinkel met Gualbert in 2006; he
was the only illegal immigrant he met that was willing to be documented in such
an unguarded way.
Gualbert left Niger in 2001 after losing his job as an
English teacher. Unable to find work he made his way to Amsterdam where he now
resides in the southeast part of the city. His family had originally tried to
settle in Amsterdam alongside him but their applications for immigration were
denied - forcing them to leave. As Gualbert explains, in a short film on the
book's website, he stayed behind to work and provide for his family back in
Niger, where most of his wages are sent. Gualbert’s family expect him to return
a rich and wealthy man; a common assumption that there is wealth in abundance
in the West still prevails. For him to return home without a small fortune
would result in being thought a failure by his relatives. Gualbert works tirelessly
in the belief that he will one day be able to return home with some savings.
However, over the past few years, as immigration laws have tightened, it has
become increasingly difficult for an ‘illegal’ to find work.
To many, the lives of such people are hidden. They live on
the fringes of normal society, if not because of their financial situations
then because of their unwillingness to draw attention to themselves. They exist
in a state of constant alertness wondering if their time has come every time
the doorbell rings. A reflection of this paranoia comes across in the book, as
Gualbert’s face is scratched off the images that could identify and incriminate
him. This more documentary style of portraiture is paired with photographs from
Gualbert's personal collection, family letters, official documents and excerpts
from conversations between Krewinkel and Gualbert. The project is comparable to
that of Jim Goldberg’s Open See as it draws upon various media to make
Gualbert's story his own, moving away from the often exploitative nature of
reportage.
At first glance, Krewinkel's photography seems absent from
the book, as Gaulbert's personal family photographs are the only visible. Just
as the lives of illegal immigrants remain unseen and hidden, Krewinkel has
hidden his own photographs within the physical structure of the book: they lie
between the pages of the Japanese-bound piece, a wonderfully symbolic move, and
it is the viewers who must participate and cut open the folded pages to uncover
Gualbert’s story.
My favourite image shows Gualbert’s reflection in the window
outlined by the trees and tower block outside. He appears to be checking the
weather, which looks overcast, or perhaps wondering about his family or the
future. How long will he be able to live and work in Amsterdam?
Krewinkel weaves the story through the pages of the book,
meandering through Gualbert’s day-to-day routines while continuously referring
back to the reason of his illegal residence – his family. As such the book
appears like fragmented diary; a little unnerving and methodically constructed.
We learn more about the people existing in this unfamiliar world, often working
for their families back home. Fans of Jim Goldberg and Seba Kurtis should
particularly enjoy this take on the subject of immigration.
The structure and design of the book makes it a unique
production, and the viewer participation is an engaging idea. The only problem
I faced was neatly cutting the pages (I used a fresh Stanley knife blade and
this wasn’t even enough to stop me from tearing some of the pages slightly - a
word of warning to all those paranoid book owners, who like to keep their
libraries pristine). The book is sealed with a fold-out detailing some of the
conversations between Krewinkel and Gualbert who co-authored the work. A
Possible Life steps aside from the standard documentary publication and is a
beautifully refreshing take in a medium that sometimes removes the viewer from
really connecting with the subjects and their stories.
Katherine Oktober Matthews - GUP Magazine
A Possible Life is a documented account of an undocumented
resident of The Netherlands, a 49-year-old man known by the pseudonym Gualbert.
Compiling an assortment of legal documents, postcards, transcripts of interviews,
old family photographs, and contemporary photographs taken by author Ben
Krewinkel, the work gives a sense of the life of an illegal alien, as well as a
sort of biography of Gualbert specifically, though the documentation and
photographs are anonymised. Bound in an
A4 packet of papers which are sealed and must be opened, the medium promotes
the feeling of both an official document, as well as a secret which must be
kept, and to which we’ve been made privy. The strength of the work comes in
this duality: it contains in many ways the complete life and history of
Gualbert, and yet, he is unknowable. In the transcripts, he speaks of his life
back in Niger, a family of three children and a wife he’s left behind, as well
as his conflicting desires to return to them and to be successful in his life
in The Netherlands, where he has lived since 2001. It’s a moving story of
struggle, and an insightful collaboration into a lifestyle rarely seen outside
of shadows.
Peter Hooghiemstra - Radio Wereldomroep
De 53-jarige Gualbert uit Niger woont en werkt al tien jaar
illegaal in Amsterdam-Zuidoost. Fotograaf Ben Krewinkel volgde de schoonmaker
en documenteerde het leven van iemand die officieel niet bestaat.
Ben Krewinkel en Gualbert leerden elkaar in 2006 kennen. De
fotograaf wilde portretten maken van illegalen in Amsterdam. Gualbert (niet
zijn echte naam) was de enige die wilde meewerken.
Krassen
Krewinkel volgde de Afrikaan jarenlang om zijn leven vast te
leggen. De foto’s zijn nu te zien op de tentoonstelling A Possible Life.
Conversations With Gualbertin Amsterdam.
Natuurlijk loopt de 53-jarige Nigerees het risico dat hij
wordt herkend en uitgezet. Maar hij vindt het belangrijk zijn verhaal te
vertellen. Voor de zekerheid heeft hij wel zelf zijn gezicht op de foto’s met
kleine krassen onherkenbaar gemaakt.
In Niger gaf Gualbert Engelse les. Toen hij 2001 zijn baan
verloor, kwam hij naar Amsterdam. Hij ging aan de slag als schoonmaker. Eerst
voor een uitzendbureau op een vervalste pas. Nu vooral voor particulieren omdat
de controles strenger zijn geworden. Het geld dat hij verdient, stuurt hij naar
zijn gezin in Niger.
Terugkeren
Zijn vrouw en zeven kinderen kwamen in eerste instantie ook
naar Nederland. Maar toen ze geen asiel kregen, gingen zij terug. Gualbert
bleef achter, hij had geen asiel aangevraagd.
Op de tentoonstelling zijn ook foto’s te zien uit zijn eigen
fotoboek. Van zijn vrouw en kinderen en van Gualberts bruiloft. Vaak vrolijke
beelden die in schril contrast staan met de foto’s van zijn leven in Nederland.
Gualbert denkt er steeds vaker aan om naar Niger terug te
gaan. Als co-auteur van de tentoonstellingscatalogus deelt hij in alle
inkomsten. Als er een aardig bedrag overblijft, kan hij met opgeheven hoofd als
geslaagd man naar zijn familie terugkeren.